„Projekt 10/17”
Märchen aus der Region – Dichtung und Wahrheit
Im Umgang mit dem Thema D-Linie bzw. dem „Projekt Zehn Siebzehn” (Stadtbahnlinien 10 und 17) haben es die Planer aus der Region und der Stadt nicht immer leicht mit der Wahrheit gehabt. Einige Märchen sollten Sie als aufgeklärter Fahrgast nicht glauben oder ungeprüft weitererzählen – es könnte sein, dass das sonst noch jemand glaubt...
„Eine Stadtbahn durch die Südstadt hätte die höchste Wirtschaftlichkeit, weil viele neue Fahrgäste hinzukämen.”
(Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz, HAZ 25.06.2019)
FALSCH! In den Protokollen der Verkehrsausschüsse lesen sich Fakten zur Wirtschaftlichkeit einer Stadtbahn durch die Sallstraße dann andersherum.
Protokoll VA 20.04.2010: „Herr Franz erklärt […], dass es bei der oberirdischen Variante erhebliche Kostenrisiken gebe, die vor allem daraus resultierten, dass die Fördermittel nur gezahlt würden, wenn auch ein eigener Gleiskörper gebaut werde. Deshalb sei auch bei der Sallstraße die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben, wenn man einen Stadtbahnverkehr im Straßenverbund vorsehe.”
Protokoll VA 12.01.2012: „Herr Franz macht zum Thema einer Stadtbahn in der Sallstraße deutlich, dass sich der Rat der Landeshauptstadt Hannover mit den Stimmen aller Fraktionen deutlich gegen eine Stadtbahn in diesem Bereich ausgesprochen habe und auch von den Anwohnerinnen und Anwohnern heftige Reaktionen gekommen seien. Insofern halte er diese Option nicht für sehr wahrscheinlich.”
Und ebenfalls 12.01.2012: „Eine Verlängerung bis zur Marienstraße sei untersucht worden, allerdings sei auf dem Streckenabschnitt zwischen dem Platz der Kaufleute und der Marienstraße eine eher geringe Nachfrage zu erwarten und somit keine Wirtschaftlichkeit gegeben.”
Nachzulesen in den diversen Protokollen unter Sitzungskalender Region Hannover.
„Der D-Tunnel ist unfinanzierbar”
(Regionspräsident Hauke Jagau, ständige Zitate)
FALSCH! Für den Bau des D-Tunnels in der 1. Ausbaustufe (Goetheplatz–Hbf.) werden stets die Gesamtkosten von ca. 130 Mio. € angeführt. Davon muss die Region Hannover ca. 33 Mio. € tragen, der Rest wird von Bund und Land nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gefördert. Für Jagau sind seit 2009 also 33 Mio. € „unfinanzierbar”. Diese „Kostengrenze” stellt bei der Oberflächenstrecke der D-Linie also das „Damoklesschwert” dar... Außerdem wurde stets orakelt, dass die Fördermittel ab 2019 nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Mittlerweile ist jedoch eine Fortsetzung der GVFG-Mittel beschlossen worden. Im September 2015 einigten sich Bund und Länder auf eine Fortführung des GVFG im bisherigen Umfang für weitere 15 Jahre, so dass ÖPNV-Bauprojekte weiterhin mitfinanziert werden können – jährlich stehen 330 Mio. Euro für ÖPNV-Vorhaben zur Verfügung. Zwar haben sich der politische Beschluss zu „10/17” und die endgültige GVFG-Entscheidung zeitlich überschnitten, aber die Grundaussage „unfinanzierbar” ist seit einigen Jahren absolut substanzlos – und kombiniert sich mit dem nächsten „Märchen”.
„Der D-Tunnel ist vom Fördergeber schriftlich als unwirtschaftliche Lösung abgelehnt worden”
(Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz, Region im Dialog 04.10.2012)
FALSCH! Im November 2009 hat die Region mit dem Büro Intraplan Consult die drei Varianten D-Tunnel sowie Oberflächenstrecke „Best Case” (eigener Gleiskörper, ursprüngliche Planung) und „Worst Case” (Straßengleise, de facto heutige Planung) bewertet. Alle Varianten – also auch der D-Tunnel – wurden als volkswirtschaftlich sinnvoll und förderfähig bewertet. Ebenso stellte sich heraus, dass die anteiligen Baukosten für die Region beim Tunnel und der Oberflächenlösung ohne eigenen Bahnkörper fast gleichauf liegen – 33 Mio. € Tunnel zu 31 Mio. € Oberfläche (siehe auch „Zu teuer”…?). Die Region hat diese Wirtschaftlichkeitsberechnungen mittlerweile als „Extreme” verharmlost. Das Schreiben mit der angeblichen Ablehnung des D-Tunnels wurde selbst auf mehrfache Anfrage bis heute nicht öffentlich vorgelegt.
„Große Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit”
der Oberflächenstrecke
(Regionspräsident Hauke Jagau, Brief an Pro D 14.05.2014)
FALSCH! Im Bauausschuss im Rathaus wurde bei einer Anhörung am 03.04.2013 die Oberflächenstrecke von einem Fachvertreter der üstra eindeutig betrieblich als „nicht zukunftsfähig” bewertet (Taktverdichtungen, zusätzliche Linien oder Verlängerungen auf der D-Strecke sind in der Innenstadt nicht machbar). Infra-Chef Stefan Harcke stempelte diese Fachbewertung später als „Einzelmeinung” ab. Weitere Üstra-Briefe in den Planungskreis untermauerten jedoch diese fachlichen Bewertungen einer nicht gegebenen Zukunftsfähigkeit vom „Projekt 10/17” aufgrund kleiner, kurzer Bahnsteige. Diese werden u. a. als Sicherheitsrisiko angesehen, wenn Verlängerungen z. B. in die Südstadt anstehen sollten. Die Mails und Briefe liegen vor.
„Es waren ein paar hunderttausend D-Mark, die damals genutzt wurden, um diese zusätzlichen U-Bahn-Stationen zu bauen”
(Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz, 17.10.2012)
FALSCH! Für die bereits fertiggestellten baulichen Vorleistungen der D-Linie (komplette „Geisterstation” Hauptbahnhof, halbe „Geisterstation” Steintor und Betriebsgleis „56” am Steintor) sind bereits rund 28 Mio. DM (ca. 14 Mio. €) ausgegeben worden. Davon wurden von Bund und Land Fördergelder von 17,7 Mio. DM (rund 9 Mio. €) dazugezahlt (HAZ-Artikel vom 14.02.1992).
Durch neu beantragte Fördergelder für das „Projekt Zehn Siebzehn” wurden die Haltepunkte Steintor und Hauptbahnhof quasi zum zweiten Mal gefördert. Die Initiative Pro D-Tunnel hat diese Sachlagen mehrere Male schriftlich beim Landes- und Bundesverkehrsministerium hinterfragt, Entscheidungen für mögliche Rückzahlungen der Fördergelder oder sonstige Nachforschungen bei der Region sind jedoch ausgeblieben. Mittlerweile muss man von einer Verjährung ausgehen.
„Acht Jahre Chaos in der Innenstadt”
beim Bau des D-Tunnels
(Regionspräsident Hauke Jagau, HAZ-Forum 17.04.2014)
FALSCH!Der D-Tunnel weist ca. 600 m offene Bauweise in der Goethestraße und auf dem Steintorplatz (zur Komplettierung der Station) auf. Bis zum Hauptbahnhof sind ca. 750 m Tunnelröhren zu bohren. Von dieser Bauweise wird man in der City nur zwei ca. 25 × 25 m große Start- und Zielschächte sehen – der Tunnelbau geht dabei vollkommen verkehrsunabhängig und (entgegen 4 Jahren Bauzeit für das „Projekt Zehn Siebzehn”) ohne Störungen der nördlichen Innenstadt unterirdisch vonstatten. Eine vom Bauvolumen dem D-Tunnel (1. Stufe) sehr ähnliche Strecke ist die C-Ost zwischen Aegi und der Rampe-Hans-Böckler-Allee (Tunnelvortrieb und zwei Stationen). Der Bauzeitenplan hat für den gesamten Tunnelrohbau ca. 3 Jahre vorgesehen (Schildvortrieb, Ausbau, Baugrubenwände, Aushub, Rohbau und Verfüllung). Siehe auch Pressemitteilung vom 20.04.14. Hauke Jagau variiert desöfteren Bauzeiten und Gesamtkosten beliebig mit fantasievollen Zahlen, zuletzt in einer Regionsversammlung 2018 als Antwort auf eine Bürgerfrage.