D-Tunnel, „Projekt 10/17” und

politische Dauerdebatten

Für eilige Leser

Das Thema D-Tunnel in Kürze

Die Initiative Pro D-Tunnel e. V. setzt sich für den Bau des Stadt­bahn-Tunnels D in der Innen­stadt von Hannover zwischen dem Goethe­platz und dem Platz der Kauf­leute (als 1. Ausbaustufe) ein. Sie fordert den weiteren sinn­vollen Ausbau des erfolg­reichen Stadt­bahn­netzes.

Der D-Tunnel – was ist das?

Der D-Tunnel in der Innenstadt
Der D-Tunnel in der Innenstadt

Das hannoversche Stadt­bahnnetz wurde 1966 mit vier Tunnel­strängen geplant („Wehner-Plan”). Hannover sollte ein Tunnel­netz mit den vier Ästen A, B, C und D bekommen, das stufen­weise realisiert werden konnte. Das Netz wurde so geplant, dass die Linien­führung den Haupt­verkehrs­strömen folgt und alle Strecken­äste mit nur einmaligem Umsteigen an einem der fünf Umsteige­stationen Haupt­bahnhof (Rasch­platz), Kröpcke, Steintor, Aegidien­torplatz und Marien­straße erreicht werden konnten. Zu diesem Zweck sollten sich die vier Linien an drei wichtigen Punkten kreuzen: am Haupt­bahnhof (ABD), am Kröpcke (ABC) und am Steintor (CD), ebenso noch an der Marienstraße (CD). Dabei wurden schon an den Stationen Hauptbahnhof und Steintor umfangreiche Vorleistungen mitgebaut – die sogenannten „Geister­stationen”. Mit heutzutage nur drei fertiggestellten Tunneln ist das Netz damit noch nicht vollendet – der verbindende D-Tunnel fehlt!

Vor der EXPO 2000

Übersicht über die zwei getrennten Äste D-West und D-Süd
Übersicht über die zwei getrennten Äste D-West und D-Süd

Nach dem Zuschlag für Hannover zur Ausrichtung der EXPO 2000 wurden die Pläne für den D-Tunnel konkreter. Der Voll­ausbau vom Goethe­platz via Haupt­bahnhof durch die Sall­straße bis zur Linde­mann­allee wurde durch­geplant. 1992 war der D-Tunnel komplett berechnet und plan­fest­stellungs­fähig. Durch politische Debatten und später einzelnen finan­ziellen Bedenken wurden der Bau und die weitere Planung jedoch verzögert. Besonders die Grünen haben in ihrer generellen Ablehnung zur EXPO die begleitenden Bau­projekte in Zweifel gestellt. Statt des geplanten langen Tunnels wurde dann aufgrund der knappen Zeit vor der Welt­ausstellung der neue Strecken­ast D-Süd vom Bischofs­holer Damm zum EXPO-Gelände an die vorhan­dene Strecke C-Ost angebunden. Infolge dieser Situation existieren bis heute die zwei räumlich vonein­ander getrennten Strecken D-West (mit Straßen­bahn-ähnlichem Charakter) und D-Süd.

Von 2000 bis heute

Regionspräsident Hauke Jagau (SPD)
Regionspräsident Hauke Jagau (SPD)

Nach der EXPO 2000 wurde es zunächst still um den inner­städtischen Tunnel. Im Dezember 2006 legte der ehemalige Vorstands­vorsitzende der Üstra André Neiß zusammen mit seinem Presse­sprecher Udo Iwannek die schon vorhan­denen Planungen erneut auf den Tisch. Üstra-Berech­nungen ergaben, dass der Tunnel der Üstra im Jahr 1,5 Millionen Euro an Einsparungen und Mehr­ein­nahmen bringen würde. Für die Baukosten ist die Üstra jedoch nicht zuständig, drei Viertel der Kosten können bei Bund und Land beantragt werden, den Rest müsste die Region Hannover zahlen. Kurzfristig sah es schon aus, als hätten sich Stadt und Üstra auf den Tunnel geeinigt – unabhängig von der politi­schen Meinung. Ein Gutachten belegte zudem die Wirtschaft­lichkeit des Projektes – doch dann kam von Regions­präsident Hauke Jagau (Foto) im November 2009 ein Satz, der für ihn bis heute gilt: Er habe wegen der Kosten entschieden, „das Projekt zum gegen­wärtigen Zeit­punkt nicht weiter­zu­verfolgen” – der Tunnel wird seitdem als angeblich „zu teuer” gebrandmarkt. Seitdem hat es mehrere Gutachten und verschiedene politische Forderungen zum weiteren Ausbau der D-Strecke gegeben. Regions­präsident Jagau betont bis zum heutigen Tage, dass der D-Tunnel „nicht finanzierbar” sei und kann auf mehrfache Anfrage diese Aussage nicht widerlegen – etwa durch womöglich von der Region ausgeführte und vorlegbare Anträge bei Fördergebern, die abgelehnt worden wären. Die Stimmung zwischen Jagau und der Üstra-Spitze ist seit 2009 vergiftet, auch wenn stets anderes beteuert wird.

Ist der D-Tunnel wirklich „zu teuer”…?

Das von der Region Hannover in Auftrag gegebene Gutachten „Folge­kosten­rechnung zur Stadt­bahn­strecke D-Innenstadt” wurde der Öffent­lichkeit am 24. November 2009 vorgestellt. Hans-Ulrich Mann von Intra­plan Consult aus München stellte die volks­wirt­schaft­liche Bewertung und die Folge­kosten­rechnung vor. Es wurden drei Varianten vorgestellt: Die Tunnellösung, Mitfall 1 genannt, die Ober­flächen­variante 1, Mitfall 2 „best case” genannt, und die Ober­flächen­variante 2, Mitfall 2 „worst case” genannt („worst case”, englisch „im ungünstig­sten Fall”).

Anteilige Baukosten liegen beim D-Tunnel und der Ober­flächen­lösung ohne eigenen Bahn­körper fast gleichauf.

Beim Mitfall 1 blieben rund 32 Mio. € übrig, die die Region aufbringen müsste. Mitfall 2 „best case” würde mit knapp 13 Mio. € anteiligen Regions­kosten deutlich günstiger zu haben sein. Bei Mitfall 2 „worst case” sieht es schon überaus schlechter aus – aufgrund des geringeren Investitions­volumens würde der Bund nicht einspringen, so dass die Region rund 30 Mio. € zu zahlen hätte – nur unwesentlich weniger als beim Tunnel (lesen Sie Ausführlicheres).

Also: Der D-Tunnel hat genauso wie die oberirdische Trasse einen Kosten/Nutzen-Faktor von >1,0 (und nicht nur „gerade so eben”). Die anteiligen Baukosten für die Region Hannover liegen beim D-Tunnel und der Ober­flächen­lösung ohne eigenen Bahn­körper (Mitfall 2) fast gleichauf (ca. 32 Mio. € zu 30 Mio. €). Der D-Tunnel amortisiert den Regions­anteil von ca. 32 Mio. € schon nach 13 Jahren, während der Mitfall 2 aber erst nach 23 Jahren aus den roten Zahlen kommt – 10 Jahre längere Kosten als beim Tunnel und mit ca. 820.000 € Mehrkosten pro Jahr, wenn es eine Niederflurbahn werden soll. Der D-Tunnel – „zu teuer”…? Nur in politischen Behauptungen…

Nach dem vermeintlichen „Aus”: aktuelle Planungen

Nach dem vermeintlichen „Aus” zum D-Tunnel plante die Region Hannover, die einzig verbliebene Strecke D-West mit den Linien 10 und 17 oberirdisch auszubauen. Zuvor gab es durch die städtebauliche Problematik beim Bau von Hochbahnsteigen in der Limmerstraße in Linden-Nord Proteste. Dies führte zu wieder­holten Forderungen von Umwelt­verbänden und einigen Parteien zur Einführung eines Nieder­flur­systems nur für diesen Ast zwischen 2010 und 2012. Die Üstra gab ein Gutachten in Auftrag zur Bewertung von Nieder­flur­strecken mit dem Ergebnis, dass ein zweites System für Hannover zu teuer kommt. Am 18.06.2012 beschloss die Regionsversammlung den Ausbau der Stadtbahn mit dem bewährten Hochflursystem. Ungeachtet dieses Ergebnisses halten Niederflur-Befürworter weiterhin an ihren Forderungen fest und sehen in „10/17” den Fuß in der Tür für diese Idee.

Karte der ursprünglichen oberirdischen Trassenplanung in Richtung Platz der Kaufleute
Karte der ursprünglichen oberirdischen Trassenplanung in Richtung Platz der Kaufleute

Beim oberirdischen Verlauf der D-West soll die problematische und seit Anfang der 1990er Jahre vieldiskutierte „Post­tunnel”-Lösung zum Tragen kommen. Im Grunde ändert sich dabei bis zum Haupt­bahnhof am Verlauf der heutigen Straßen­bahn-Linie nichts. Vor der Ernst-August Galerie muss eine enge Doppel-S-Kurve befahren werden, damit die Strecke nun nach Nordosten in die beginnende Lister Meile geführt werden kann. Ein Stadt­bahn­halt im sogenannten „Post­tunnel” (unter den Gleisen des Bahnhofs) wurde (ebenfalls stark von den alternativen Verkehrsverbänden BiU und VCD) proklamiert, dann aber letztendlich verworfen. Nach der Brücken­durchfahrt erreicht die Strecke den Endpunkt am Raschplatz. In der ursprünglichen Planung sollte die Strecke bis zum Platz der Kaufleute reichen. Dafür sollte die Raschplatz-Hochstraße mit Landesfördergeldern abgerissen und die Strecke mittig auf der Berliner Allee geführt werden. Man stellte diese Planung zudem mit einem 5-Minuten-Takt der Öffentlichkeit vor. Nach massiver Kritik und ausbleibender Förderung des Hochstraßen-Abrisses wurde das Thema zunächst unter dem Deckel gehalten. Mögliche verkehrs­technische Probleme und kaum verbesserte Beschleunigung oder Umsteige­situationen standen bei diesem Plan von Anfang an in der Kritik.

2013: Rot-grüner „Kompromiss” wird trotz massiver Kritik abgesegnet

06.03.2013, BILD: „Hier beschließt Rot-Grün die Dämlich-Linie”
06.03.2013, BILD: „Hier beschließt Rot-Grün die Dämlich-Linie”

Vor der Landtagswahl am 20. Januar 2013 ruhte das Thema für ein paar Wochen – mit einer durchaus realistischen Aussicht auf ein Umdenken in der SPD. Wenige Tage nachdem die Landtagswahl durch SPD und Grüne gewonnen wurde, beschlossen jedoch die Mehrheitsparteien SPD und Grüne den sogenannten „Kompromiss”, die D-Linie nunmehr am Rasch­platz enden zu lassen. Ungeachtet aller neuen massiven Kritiken von allen Seiten haben Region und Rat daraufhin den Ausbau beschlossen. Die Beschluss­druck­sache 0644/2013 wurde im Verkehrs­ausschuss vom 05.03.2013 bei 9 Ja-Stimmen und 6 Nein-Stimmen abgestimmt, bei der anschließenden Regions­versammlung vom 05.03.2013 wurde mit 46 Ja-Stimmen, 34 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen der oberirdische Ausbau beschlossen.

Im Stadtentwicklungs- und Bau­ausschuss konnte Pro D-Tunnel in einer Anhörung am 03.04.2013 die Nach­teile der Strecken­führung noch­mals darlegen. In der selben Sitzung wurde die Ober­flächen­strecke von einem Vertreter der üstra als „nicht zukunfts­fähig” bewertet. Zuletzt hat dann die Rats­ver­sammlung am 25.04.2013 der Drucksache Nr. 0297/2013 zum Ausbau mit 36 Ja-Stimmen, 18 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen zugestimmt. Seitdem wird das „Projekt 10/17” mithilfe üppiger Fördergelder des Landes Niedersachsen unter rot-grüner Federführung verwirklicht. Dafür wurde sogar die Richtlinie zur Nicht-Förderung von straßenbündigen Stadtbahntrassen aufgeweicht.

Presseschau

Aufgrund der periodisch auftauchenden Meinungen und Ideen zum D-Tunnel bzw. zum Ausbau der Linien 10 und 17 berichtet die Presse natürlich ausführlich zu diesem Thema. Die zwei hannoverschen Zeitungen Neue Presse (NP) und Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) haben schon Dutzende von Artikeln über die Jahre gebracht. Ebenso interessant sind dabei die Lesermeinungen. Bei weiterem Interesse beachten Sie deswegen bitte auch unsere Presseschau.

Die Initiative Pro D-Tunnel e. V.

Die Initiative Pro D-Tunnel e. V. hat sich aus interessierten und enga­gierten Bürgern der Stadt Hannover gebildet. Zweck des Vereins ist die Förderung und Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs in der Landes­hauptstadt Hannover, insbesondere in Form des vierten Innen­stadt­tunnels („D-Tunnel”) zwischen den Haltestellen Goethe­platz und Marien­straße über Steintor, Haupt­bahnhof und Platz der Kauf­leute und die damit ver­bun­dene Aufwertung der Innen­stadt, die Senkung der Betriebs­kosten sowie die Ver­kürzung von Reise­zeiten auf etlichen Relatio­nen im Stadtbahn-Netz (Satzung: § 2.1 Zweck­bestimmung).

Gebildet und gefunden hat sich der Verein im Inter­net-Forum SkyscraperCity. Hier treffen sich Nutzer mit unter­schiedlichen Bildungs­graden, Meinungen und Hinter­grund­wissen zum Thema, um Neuigkeiten, Pläne und Bilder zu besprechen. Durch die jahrelang anhaltende Diskussion ist dieses Thema zum intensivsten Gesprächs­bereich im Themen­bereich »Hannover« avanciert. Mit dem Aufbau dieser Themen-Homepage durch ehren­amtliche Mitglieder und weitere Aufklärung der Bürger (etwa mit einem Info-Flyer) soll vermieden werden, dass sich Träumereien von einem teuren Nieder­flur-Ergänzungs­netz durch­setzen. Die Initiative stellt sich nicht als Gemein­schaft von „Beton­köpfen” mit unbedingtem Hang zu teuren Tunnel­fantasien dar, sondern sieht in dem Bau des D-Tunnels in vernünftigen und finanzier­baren Bauabschnitten die Fort­führung, Verknüpfung und Fertig­stellung des seit Jahr­zehnten erfolg­reichen hannoverschen Stadt­bahn­systems.