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Das Mobilitätsbarometer von drei Verbänden zeigt, dass viele Menschen wenig Verbesserung beim ÖPNV spüren. Vor allem in den Flächenländern fahren Busse und Bahnen zu selten. Besser sieht es in den Stadtstaaten aus. Was muss passieren, um neuen Schwung zu bringen?
Mehr Barrierefreiheit für Fahrgäste, die mit Üstra-Bahnen im Hauptbahnhof ankommen oder abfahren: Die Region Hannover plant dort einen zweiten Aufzug. Dieser soll den Bahnsteig der stadteinwärts fahrenden Stadtbahnen oberirdisch anbinden. Wer den Fahrstuhl nutzt, fährt künftig durch die Spielbank.
Die Üstra hat ihr Netz im Raum Hannover Richtung Hemmingen erweitert, als nächstes folgt der Brückenschlag über die Autobahn 2 nach Garbsen. Doch das bedeutet nicht das Ende: Seit Jahren gibt es noch mehr Ausbaupläne für die Stadtbahn – darunter nicht zuletzt die Wasserstadt und MHH. Wir haben sieben diskutierte Routen zusammengetragen.
Fünf Tonnen schwer, acht Meter lang – und das ist nur das Modell der neuen Stadtbahn. Im August kommenden Jahres soll der Prototyp bei der Üstra in Hannover auf dem Betriebshof stehen. Designer und Konstrukteure feilen jetzt mit der sogenannten „Sitzkiste“ an Details der Züge.
Hannover bekommt neue Stadtbahnen. Die Silberpfeile der neuen Generation werden zwar erst ab August 2013 als Ersatz für die grünen Bahnen eingesetzt. Eine Besichtigung und erste Details zum TW3000 gab es bereits jetzt.
Der SPD-Ortsverein Linden-Limmer spricht sich für den Bau von Hochbahnsteigen für die Stadtbahnlinie 10 aus. Außerdem fordern die Genossen, dass die Bahnen demnächst teilweise durch vorhandene Tunnelstrecken in die Innenstadt fahren anstatt wie bisher ausschließlich oberirdisch.
Die Entscheidung über die barrierefreie Ausgestaltung der sogenannten D-Linie 10 der Stadtbahn vom Aegidientorplatz nach Ahlem verschafft der Limmerstraße ein neues Gesicht. Egal, ob sich Region Hannover, Stadt, Infra und Üstra letztendlich für ein Niederflur- oder ein Hochflursystem entscheiden, wird sich auf der Limmerstraße optisch einiges verändern.
Ein Ausbau der oberirdischen Stadtbahnlinie 10 zwischen Ahlem und der Innenstadt, der sogenannten D-Linie, ist nach Einschätzung der für den öffentlichen Nahverkehr zuständigen Regionsverwaltung in Teilbereichen auch ohne eigenen Gleiskörper möglich.
Die Grünen in der Regionsversammlung halten an der Einführung eines neuen Niederflursystems für die Stadtbahnlinie 10 fest – damit das weniger Zusatzkosten verursacht, wollen sie erneut über weitere neue Niederflurstrecken diskutieren.
An der künftigen Ausgestaltung der oberirdischen Stadtbahnlinie 10 scheiden sich weiterhin die Geister. Hannovers Behindertenbeauftragte Andrea Hammann spricht sich für den Bau von Hochbahnsteigen aus. „Linden ist schlecht erschlossen – es wird Zeit, dass dort welche hinkommen“, sagt sie. Der entscheidende Nachteil einer Niederflurbahn für Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen oder Fahrgäste mit Rollator sei die eingeschränkte Bewegungsfreiheit im Innenraum. Die Autofahrerlobby ADAC hingegen ist weiterhin skeptisch: „Das Hochflursystem hat Kostenvorteile, ist aber aus Aspekten des Städtebaus und der Verkehrssicherheit mehr als kritisch zu sehen“, sagt Sprecher Jörg Fiene. Er bezieht sich auf das Steintor und die Flächen am Hauptbahnhof.
Eine Expertengruppe hatte vor allem aus Kostengründen für das Hochflursystem plädiert. Der Verkehrsclub Deutschland und die Bürgerinitiative Umweltschutz zweifeln die Berechnungen an – die Mehrkosten für Niederflur seien zu hoch angesetzt. Hannovers Stadtbaurat hatte am Verfahren Kritik geübt. „Ich vermisse ein Gesamtkonzept. Das darf nicht nur unter Gesichtspunkten des Stadtbahnbaus diskutiert werden“, sagte Uwe Bodemann. Die politische Brisanz liegt darin, dass die SPD derzeit Richtung Hochflursystem tendiert, fast alle anderen Parteien sich dagegen für Niederflurtechnik ausgesprochen haben.
Baurat Bodemann ist unzufrieden mit den Ergebnissen der Expertengruppe zur Stadtbahn
Von Mathias Klein
Die Frage spaltet die Bürger ebenso wie die Politiker: Soll die Stadtbahnlinie D, die quer durch Hannover führen wird, mit Hochbahnsteigen versehen werden oder als Niederflurkonzept funktionieren, also quasi ebenerdig? Auf einer Bürgerversammlung im Regionshaus zeigte sich Hannovers oberster Planer, Stadtbaurat Uwe Bodemann, äußerst skeptisch gegenüber den jüngsten Schlussfolgerungen einer Expertengruppe, die die Hochbahnsteigvariante empfohlen hatte. „Es ist endlich Zeit, eine Gesamtplanung vorzulegen“, sagte Bodemann. Beispielsweise sei von der Expertengruppe nicht untersucht worden, welche Auswirkungen auf den Straßenverkehr eine Verlegung der Stadtbahnhaltestelle am Steintor in Richtung Lange Laube habe. Die Region müsse jetzt mit der Stadt und mit den Kaufleuten in die Diskussion einsteigen.
Wie berichtet, hatten die Experten am Donnerstag den Verkehrspolitikern der Region erstmals ihre Beratungsergebnisse vorgelegt. Von dem sogenannten Niederflursystem wird dabei abgeraten – unter anderem aus Kostengründen. Eine Entscheidung soll noch in der ersten Jahreshälfte fallen.
Stadtbaurat Bodemann machte deutlich, dass die Stadtbahnpläne in der Debatte nicht isoliert betrachtet werden könnten. Wenn beispielsweise in der Kurt-Schumacher-Straße eigene Gleiskörper für die Stadtbahn gebaut werden sollten, würden andere Verkehrsteilnehmer an den Rand gedrängt. Ein eigenes Gleisbett für die Stadtbahn aber sei eine „antiquierte Stadtplanung“, betonte er. Deshalb sollte zwischen Clevertor und dem sogenannten Posttunnel am Hauptbahnhof darauf verzichtet werden.
Egal, ob Niederflurtechnik oder Hochbahnsteige, für den Posttunnel, den die Stadtbahn in Richtung Raschplatz passieren soll, müsse möglicherweise über andere Lösungen für die Autos nachgedacht werden, sagte Bodemann. Wegen der vielen Parkhäuser in diesem Bereich komme unter anderem ein System aus Einbahnstraßen in Betracht.
Bodemann war der Einzige auf dem Podium, der sich eindeutig zur Niederflurbahn bekannte. Selbst der Niederflurexperte Prof. Rainer Meyfahrt aus Kassel sagte, die Entscheidung in Hannover zugunsten der Hochflurtechnik sei vor einigen Jahren mit der Bestellung von 150 neuen Fahrzeugen für die Stadtbahn gefallen.
Der Vorstandsvorsitzende der Üstra, André Neiß, drängte gestern zu mehr Eile in der Debatte. „Ich würde mich freuen, wenn wir Tempo machen“, sagte er in der von HAZ-Redakteur Bernd Haase geleiteten Diskussion. Das wollten auch die Kunden seines Unternehmens, diese seien das Warten leid.
Gastgeber Ulf-Birger Franz, Verkehrsdezernent der Region, hielt sich gestern zurück. Bei einer Diskussion vor rund zwei Monaten hatte er jedoch das Niederflursystem klar abgelehnt. Der Andrang gestern Nachmittag war groß, mehr als 500 interessierte Bürger waren ins Regionshaus gekommen. Viele von ihnen nutzen die Gelegenheit für kurze Stellungnahmen und Fragen, ein eindeutiges Meinungsbild war im Publikum aber nicht zu erkennen.
Ungewohnt hart hat der hannoversche Stadtbaurat Uwe Bodemann die Planungen der Region für die Stadtbahnlinie 10 kritisiert. Im Gegensatz zur städtischen SPD (siehe Text rechts) wünscht sich Bodemann die Einführung neuer Niederflurbahnen.
„Hochflur- oder Niederflurtechnik?“ war gestern das Thema einer Diskussionsveranstaltung über den Neubau der Strecke im Haus der Region mit rund 350 Zuhörern. Bodemann bemängelte, dass die Region bisher nur Planungen für einzelne Haltestellen vorgelegt habe, nicht aber für die Strecke und die betroffenen Straßen als Ganzes. „Das besorgt mich ein bisschen“, so der Dezernent, „es ist endlich an der Zeit, eine Gesamtplanung vorzulegen.“
Auch Auswirkungen auf Auto- und Radfahrer sowie Fußgänger seien noch nicht geklärt. Das müsse „spätestens jetzt geschehen“, die Strecke dürfe „nicht nur durch die Schienenbrille“ betrachtet werden. Bodemann verlangte nachdrücklich, auf Goethestraße und Kurt-Schumacher-Straße künftig auf abgetrennte Gleise für die Bahnen zu verzichten. Der Planer sprach überspitzt von einem „verdammten eigenen Bahnkörper“, der alles andere an den Rand dränge. Mit Blick auf die weniger störenden Niedrigbahnsteige einer neuen Technik sagte er: „Ich bin Niederflur-Fan.“
Region und Üstra haben sich in der Vergangenheit für abgetrennte Gleise in der City ausgesprochen, da die Bahnen dann schneller und sicherer fahren können. Außerdem ist fraglich, ob das Land Gleise bezuschusst, die auch von Autos überfahren werden können. Ulf-Birger Franz, der Verkehrsdezernent der Region, ging in der Diskussion auf Bodemanns Kritik nicht ein. Er betonte, seine Behörde sei für Hoch- und Niederflur offen. Die Entscheidung, ob Mehrkosten für das neue System akzeptabel seien, müsse die Politik treffen. Die Chancen für weitere Niederflurstrecken schätzte er als gering ein. Wirtschaftlich käme eine Linie auf der Sallstraße in Frage, das lehne die Landeshauptstadt aber ab: „Wir sehen keine weiteren Strecken.“
Die Region will jetzt mit den Anliegern der Strecke über die Pläne sprechen. Auch mit den Kaufleuten in der Innenstadt, sagte Franz auf Nachfrage des erfreulich strengen Diskussionsleiters Bernd Haase. In der Limmerstraße hatte es bereits einen runden Tisch gegeben, die meisten Anlieger sprachen sich dabei für Niederflurbahnen aus. Üstra-Chef André Neiß will Hochflur: „Es geht nicht darum, ein Niederflursystem nur für die Limmerstraße zu schaffen.“
Professor Rainer Meyfahrt, Experte für Niederflurbahnen aus Kassel, betonte, die neue Technik sei Zügen mit Hochbahnsteigen überlegen. Strecken könnten leichter behindertengerecht umgebaut werden: „Da ist Niederflur schneller.“ Für Hannover stelle sich die Frage aber eigentlich nicht mehr – weil die Üstra erst kürzlich neue Bahnen in Hochflurtechnik bestellt hat.
Meiste Parteien für Niederflur – SPD dagegen
Von Christian Bohnenkamp
Für Hochbahnsteige auf der Stadtbahnlinie 10 hat sich die Arbeitsgruppe ausgesprochen, die die Studie zu diesem Thema verfasst hat. Dennoch halten die meisten Parteien an ihrer Forderung nach Einführung eines Niederflursystems fest – auch im Rat der Stadt. Felix Blaschzyk, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, sieht die Haltung seiner Partei durch die Studie sogar bestätigt, denn die räumt der Niederflurvariante eine höhere Stadtverträglichkeit ein. „Den städtebaulichen Aspekt muss man eindeutig höher gewichten“, sagt Blaschzyk. Durch die Einführung von Niederflurbahnen bewahre man sich mehr Möglichkeiten für die Zukunft – zum Beispiel eine Verlängerung der Linie in die enge Sallstraße. „Da muss man auch bereit sein, die Kröte der Mehrkosten zu schlucken“, so Blaschzyk.
Ähnlich argumentiert Grünen-Verkehrsexperte Michael Dette: „Wir brauchen ein langfristig zukunftsfähiges System. Bei einer Hochflurbahn werden spätere Streckenverlängerungen immer schwieriger.“ Wilfried Engelke (FDP) bevorzugt nach wie vor die von der Region verworfene Tunnellösung: „Aber wenn es dafür keine Mehrheiten gibt, ist Niederflur die bessere Wahl.“ SPD-Verkehrsexperte Thomas Hermann hingegen findet die Ergebnisse der Arbeitsgruppe überzeugend: „Wir müssen das Hochflursystem komplettieren und brauchen nicht ein neues System.“ Unterstützung gibts von den Piraten. „Nur weil ein paar Lokalpolitiker in Linden ihr Niederflurspielzeug wollen, dürfen wir noch längst kein komplettes System in Frage stellen“, sagt Ratsherr Dirk Hillbrecht.