D-Linie: heutzutage zwei

räumlich getrennte Strecken

Der D-Tunnel

Heutiger Zustand (inkl. „10/17”)

Übersicht über die zwei getrennten Äste D-West und D-Süd
Übersicht über die zwei getrennten Äste D-West und D-Süd

Die heutige D-Linie besteht aus zwei räumlich vonein­ander getrennten Strecken: die Strecke D-West und die Strecke D-Süd. Die Skizze (Quelle: „Auf dem Weg in das nächste Jahr­tausend”, Region Hannover, 2000; zwei Einzel­karten zusammen­gefügt, aktualisiert) zeigt die in der Innen­stadt räumlich getrennten Äste.

Die 6,4 km lange Strecke der D-West hat eine komplett oberirdische Führung (Linie 10). Sie verläuft etwa zur Hälfte auf einem besonderen Bahn­körper und ansonsten straßen­bündig im Straßen­raum. Nur der 1994 neu gebaute Abschnitt Limmer–Ahlem entspricht dem modernen Stadt­bahn­standard, während im Gegen­satz zu den anderen Stadt­bahn­strecken die gegen­wärtige Strecke größten­teils immer noch den Charakter einer Straßenbahn besitzt. Auf vielen Strecken­abschnitten sind keine hohen Geschwindig­keiten möglich. Dazu tragen insbesondere die straßen­bündigen Strecken mit zum Teil sehr engen Kurven­radien bei. Diese oberirdische Strecke sollte durch den vierten Innen­stadt­tunnel ersetzt werden.

Die als D-Süd bezeichnete Strecke war Bestand­teil eines Verkehrs­konzeptes zur Erschließung des Welt­ausstellungs­geländes. Ursprünglich sogar als kompletter unterirdischer Tunnel geplant, wurde nach mehreren Gutachten mit der Realisierung der nun oberiridischen Strecke im Jahr 1995 begonnen, so dass im Jahr 1999 erste Teilabschnitte eröffnet und im Februar 2000 die gesamte Strecke in Betrieb genommen werden konnte. Statt des geplanten langen Tunnels zwischen Goethe­platz und dem Bahnhof Bismarck­straße wurde die D-Süd an die vorhan­dene Strecke C-Ost angebunden. Hier zweigt sie von der ehemaligen Kehr­anlage in der Freund­allee nach Süden ab. Die 9 km lange Strecke verläuft bis zum Stadt­teil Bemerode oberirdisch entlang der Beme­roder Straße auf einer eigenen Trasse. Die Durch­querung von Bemerode erfolgt wegen der vorhandenen Bebauung in einem Tunnel mit einer offenen Station. Schließlich wird das ehemalige Expo-Gelände an der Expo-Plaza erreicht.

Nach dem Stadt­bahn­konzept sollten diese beiden Äste durch den vierten Innen­stadt­tunnel zwischen Goethe­straße und Linde­mann­allee verbunden und die innerstädtischen Strecken aufgegeben werden. Aus politischen und zeitlichen Gründen wurde in den 1990er-Jahren keine Entscheidung für den D-Tunnel getroffen, obwohl durch den Zuschlag zur Expo 2000 am 14. Juni 1990 fast zehn Jahre Zeit für Planung und Bau vorhanden waren. Der D-Tunnel war 1992 komplett durch­geplant, durch­gerechnet und plan­fest­stellungs­fähig!

Infolge dieser bis heute verfahrenen Situation existieren die zwei vonein­ander getrennten Strecken D-West und D-Süd – der verbindende Tunnel fehlt! Daraus resultierten etliche Nach­teile für die Fahrgäste. Die Umsteige­situation am Haupt­bahnhof zwischen der D-West (Linien 10 und 17) und den übrigen Linien der Strecken A und B war durch ca. 300 m Fußweg und Über­windung von zwei Ebenen schlecht. Betroffen waren davon rund 4700 Personen pro Werktag. Ebenso sieht es am Steintor aus: auch hier haben ca. 3900 Personen je Werktag rund 200 m Fußweg und zwei Ebenen zu überwinden. Durch die Anhängung des Astes D-Süd an den C-Tunnel ist dieser seitdem an seiner Belastungsgrenze. Schon kleinste Störungen im Tunnel durch die vier Linien haben Auswirkungen auf alle anderen Linien zwischen Steintor und Braunschweiger Platz.

In der Innen­stadt waren bis 2017 die Halte­stellen der Strecke D-West nicht barriere­frei. Lediglich am Aegidien­tor­platz existierte ein demontier­barer Hoch­bahn­steig, an dem die mobilitäts­ein­geschränkten Fahr­gäste aus Ahlem in die übrigen Stadt­bahn­linien umsteigen konnten. Die Halte­stellen Steintor, Thielen­platz/Schau­spiel­haus und die wichtigste Halte­stelle dieser Strecke – Hauptbahnhof – besaßen keine Hoch­bahn­steige. Eine Nachrüstung wäre kompliziert gewesen. Besonders auf dem Ernst-August-Platz ist es aus städte­baulichen und bau­tech­nischen Gründen nicht möglich, einen Hoch­bahn­steig nachzurüsten.

Dichter Verkehr in der Kurt-Schumacher-Straße mit Behinderungen (vor „10/17”)
Dichter Verkehr in der Kurt-Schumacher-Straße mit Behinderungen (vor „10/17”)

Nicht zuletzt ist die Linie 10 die langsamste Stadt­bahn­linie im gesamten Netz. Innerhalb von Limmer, Linden und der Innen­stadt verkehrt sie nahezu vollständig straßen­bündig gemeinsam mit dem Individual­verkehr. Der Betrieb ist durch abbiegende, einparkende, wendende und auf dem Gleis fahrende PKW sehr störanfällig, besonders in der Kurt-Schumacher-Straße. Hier gibt es auch die meisten Unfälle. Im Nahverkehrs­plan 2008 der Region Hannover hieß es dazu: „Umfang­reicher Unter­suchungs­bedarf besteht auf den größten­teils noch nicht ausge­bauten Stadt­bahn­strecken A-West und D-West. Diese Strecken verlaufen überwiegend im Straßen­raum. Der Gleis­bereich wird durch andere Verkehrs­teil­nehmer (KFZ, Radfahrer, Fußgänger) mitbenutzt. Daher weisen die auf diesen Strecken verkehrenden Stadt­bahn­linien 9, 10 und 17 mit 19–22 km/h die geringsten Durch­schnitts­geschwindig­keiten aller Stadt­bahn­linien auf, die bei anderen Linien zum Teil bei bis zu 30 km/h liegen. Verbesserungen sind hier daher anzustreben”. Der Ausbau mit „Projekt 10/17” hat jedoch nur in der Innenstadt eine gelinde Verbesserung gebracht: die einstmals geplanten eigenen Bahnkörper wurden nur zu ca. 20% auf der Strecke zwischen Goetheplatz und Haubtbahnhof verwirklicht, ansonsten herrscht weiterhin ein Mischverkehr, bei denen sich die Bahn mit dem Autoverkehr eine Spur zu teilen hat.