Die Initiative
Neues von Pro D-Tunnel
Pressemitteilung (07.06.14): „Lemmingfelsen” mit mangelhafter Aufenthaltsqualität
von Jens Pielawa (Kommentare: 0)
Drohendes Gedränge auf den geplanten Hochbahnsteigen der D-Linie
»Lemmingfelsen« mit berechnet mangelhaften Aufenthaltsqualitäten
Die Neue Presse berichtete am 7. Juni unter der Überschrift »Wird das hier bald wie in Tokio?« über die schlechten Aufenthaltsqualitäten der neu geplanten Hochbahnsteige zum »Projekt Zehn Siebzehn« (D-Linie) in der Innenstadt. Gehbewegungen auf dem Bahnsteig »Hbf./Rosenstraße« bekommen zu Spitzenzeiten die Schulnote »mangelhaft«.
Das besprochene Dokument liegt mittlerweile ebenfalls vor. In einem Vortrag vom Dezember 2013 werden die »Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs« auf Hochbahnsteigen aus dem internen Planungskreis »Projekt Zehn Siebzehn« besprochen. Hier wird die Verkehrsdichte in Personen je m² bewertet und in sechs Stufen von A (entsprechend Schulnote 1) bis F (Schulnote 6) eingeteilt. Details dazu folgen weiter unten.
Die Initiative Pro D-Tunnel e. V. hat seit der Vorstellung der Planungen über die fragwürdigen Kapazitäten der Haltestelle »Rosenstr.« berichtet. Dieser Hochbahnsteig wurde ursprünglich mit 45 Meter Länge geplant und mittlerweile aufgrund dieser Problematik auf 55 Meter verlängert, was aber nur dezente Milderung bringt.
Wir warnen weiterhin davor, dass derartige »Lemmingfelsen« Fahrgäste gefährden können und deren Aufenthaltsqualität – zusätzlich zum Ausgesetztsein vor jeglichem Wind und Wetter – drastisch reduziert wird. Die bekannten Visualisierungen der Infra scheinen aus gutem Grunde klinisch sauber leergefegte Straßen entlang der Strecke zu zeigen – alltägliche Fahrgastmassen, Autos, Fahrräder, Busse und Passanten hätten nämlich die Suggestion einer Problemlosigkeit nachhaltig visuell gestört. Das Dementi der Infra zur Existenz von möglichen Belastungen ist hochgradig fragwürdig und untermauert nur die Vertuschungshaltung der Planer.
Eine Animation von Pro D-Tunnel zeigt einen möglichen Zustand auf dem Bahnsteig zu Spitzenzeiten:
Die Details des Berichtes: Bei einem vorgestellten Zeitfenster von 7 bis 8 Uhr an einem Werktag wurden auf den geplanten Hochbahnsteig »Hbf./Rosenstraße« die Fahrgastzahlen prognostiziert. Fahrten in Richtung Ahlem und (noch) Aegi generieren Ein- und Aussteiger. Einer der höchsten Werte davon ist zum Beispiel 7:33 Uhr ab Hbf. Richtung Ahlem mit 192 potentiellen Fahrgästen.
Wenn man von den beschriebenen Qualitätsstufen ausgeht, erreicht man zuallererst »sehr gute« Werte mit 1 Person pro Quadratmeter in Wartesituationen, zur Gehbewegung sogar mit 0,1 Personen pro Quadratmeter – anders ausgedrückt: eine Person könnte sich auf 10 m² ungehindert bewegen. Somit würde der Bahnsteig Rosenstraße abzüglich aller Aufbauten rechnerisch maximal ungefähr 190 – allerdings dann nur stehenden und wartenden! – Personen Platz bieten können. Trotzdem gibt es durch Ein- und Ausstiege selbstverständlich Fahrgastbewegungen in beide Richtungen auf dem schmalen Bahnsteig.
Im Bericht beigefügte Diagramme bewerten die Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs im Zeitraum werktags von 7 bis 8 Uhr. Während bei den Wartesituationen überwiegend die Qualität B bis C erreicht wird, kommt es bei den Gehbewegungen vermehrt zu Fahrgast-Staus und Behinderungen – hier wird für mehrere Halte-Situationen minutenlang die Qualitätsstufe E erreicht – also mangelhaft! Mengenmäßig ergeben sich 0,8 bis 1,2 Personen pro m² in Bewegung auf engstem Raum, bildlich ein Gedränge. Die rote Linie gilt für einen 45 m langen Bahnsteig, die blaue für den aktuell geplanten mit 55 m Länge. Es ist nur eine dezente Milderung zu beobachten. Mehrmals entsteht für einige Minuten reichlicher Andrang, der kaum abklingt.
Die Bewertungsstufe E sagt dazu aus: »Fußgänger haben keine freie Geschwindigkeitswahl. Gegenverkehr ist erheblich erschwert. Die Verkehrsdichte ist so hoch, dass es zu massiven Behinderungen kommt. In Wartesituationen sind Körperkontakte zu anderen Personen nicht zu vermeiden. Die Kapazität wird erreicht«. Siehe:
Ein weiteres vorliegendes Dokument ist eine Fahrgastprognose. Hier werden die Zahlen für die Linien 10 und 17 für das Jahr 2025 prognostiziert. Für die Hochbahnsteige ergeben sich folgende Fahrgastmengen pro Tag:
Goetheplatz: 7959, Steintor: 12811, Rosenstraße: 18106 und Raschplatz: 7730.
Diese Werte erzeugen zu Spitzenzeiten noch höhere Menschenmengen auf den 4 Meter breiten Bahnsteigen. Durch den Verzicht der Haltestelle »Clevertor« könnten sich auf dem Bahnsteig »Goetheplatz« zeitweise ca. 320 Fahrgäste befinden, besonders wenn es zu einer Beibehaltung des Schulbetriebs der BBS 6 kommen würde.
Die Erkenntnis: es nützt nicht viel, 4 Meter breite Hochbahnsteige zu verlängern, wenn Breite mehr Entzerrung bringen würde – was aufgrund der Straßenquerschnitte in der City nicht möglich ist und nur am Steintor realisiert werden kann. Hier wird der Hochbahnsteig ausnahmsweise 7 Meter breit geplant.
Das Fazit: aufgrund der hohen Fahrgastbewegungen in der Stadt werden die Hochbahnsteige der D-Linie zu echten »Lemmingfelsen«. In Spitzenzeiten ist die Aufenthaltsqualität als »mangelhaft« bewertet worden. Fahrgäste werden durch diese Streckenführung also unnötig gefährdet und behindert. Solche Spitzen sind nicht nur werktags zu erwarten, sondern aufgrund der Lage auch an verkaufsstarken Tagen.
Dies ist ein weiterer nicht hinnehmbarer Baustein in einer langen Serie von Pleiten und Pannen zum »Projekt Zehn Siebzehn«. Die Planung ist deshalb aufgrund kontinuierlicher Häufung von deutlichen Mängeln und Zumutungen für den ÖPNV endlich zu stoppen.
Kontaktadresse:
Initiative Pro D-Tunnel e. V., Jens Pielawa, H.-Heine-Straße 21, 30173 Hannover, pielawa@pro-d-tunnel.de
Herausgegeben am 7. Juni 2014 • V.i.S.d.P.: Jens Pielawa